Giorgio AvantiWerkliste

AU BORD DU LAC – neue Werke

Ausstellungsdauer 29. Oktober – 3. Januar 2011

Giorgio Avanti

Maler, Autor, Courmet, Reisender durch die Welt und durch unsere Köpfe

Sind Avantis Bilder gegenständlich? Und was, wenn ja, ist dann ihr Gegenstand?

Bilder nennen wir gegenständlich, wenn wir darauf etwas als etwas uns – zumindest vage – Bekanntes erkennen können. Solche Bilder bilden etwas ab oder stellen etwas dar. (Dabei ist es unerheblich, ob ein Bild, das zum Beispiel eine Kuh darstellt, auch an der Wand zu Hause etwas darstellt. Die Tatsache, dass ein Bild etwas darstellt, ist kein Qualitätskriterium. Genauso wenig, wie es ein Qualitätskriterium ist, wenn ein Bild nicht darstellt: Es stellt einfach nichts dar (wobei es dann an der Wand zu Hause oder im Museum durchaus etwas darstellen kann).

Bilder, die etwas abbilden, sind nie das, was sie abbilden: Sie zeigen das Abgebildete nur. Sie verweisen auf das, war wir unter dem Abgebildeten verstehen. Ein Bild, das etwas abbildet, ist immer eine Abstraktion; so gesehen, sind gegenständliche Bilder immer abstrakt. Konkret hingegen sind Bilder, die keinen Gegenstand haben ausser sich selbst: Das sind dann die, die wir gewöhnlich abstrakt nennen.

Ludwig Wittgenstein, der Sprachphilosoph, hat in den „Philosophischen Untersuchungen“ die schöne Frage gestellt: „Wie kommt es, dass der Pfeil zeigt?“ – Beim Pfeil ist es nun so, dass er dann, wenn er das ist, was er ist, also Pfeil, in keiner Weise zeigt: Er ist Werkzeug, Waffe, trifft vielleicht, verletzt oder tötet. Zum Pfeil, der zeigt, wird er erst, wenn er kein Pfeil mehr ist, sondern allenfalls wie ein Pfeil aussieht. Pfeile zeigen erst, wenn sie Pfeile darstellen. Wenn wir jedoch einen solchen Pfeil sehen, sehen wir nicht das Abbild eines Pfeils, sondern die Metapher eines Pfeils. Wir sehen seine Idee. Das ist falsch.

Wir sehen nicht seine Idee, sondern unsere.

Wir haben den Pfeil zum Zeigen gebracht, indem wir die Abstraktion eines Pfeils (und in gewissen Fällen sogar den Pfeil selbst (dann nämlich, wenn wir einen richtigen Pfeil zum Zeigen an die Wand nageln) zum Zeichen erklärt haben. Wir brauchen das Pfeilzeichen zum Zeigen. (Dazu noch eine Zwischenfrage: Warum eigentlich zeigt der Pfeil, wo wir hinsollen, und nicht etwa, wo wir herkommen?). Wir können nun Avantis Bilder wie Pfeile sehen: Sie stellen nicht einfach dar: Sie zeigen. Sie zeigen etwas und sie zeigen auf etwas. Sie sind Zeichen und Waffe zugleich. Als Zeichen zeigen sie doppelt, und so sehen wir auch doppelt: ein bisschen besoffen von Farbe und von Klischees, wobei diese Klischees nicht die von Avanti sind, sondern die, die Avanti darstellt, nämlich die Bilder, die wir uns von der Welt und ihren Manifestationen machen.

Manchmal zeigen Avantis Pfeile auch dorthin, wo wir herkommen: Sie zeigen Heimat, indem sie auf Heimat verweisen, aber heimelig sind sie dann beileibe nicht. Sie beziehen sich auf eine Heimat, die es nicht mehr gibt. Avantis Bilder sind – Reminiszenzen an verlorene Paradiese. Der Künstler selbst sagt dazu, dass er immer irgendwie auf der Suche nach dem Ursprünglichen und Heimatlichen sei. Er sucht den Sitz im Leben, das Reale, das uns allen stetig und unmerklich aus den Händen geglitten ist, zu gleiten droht. Seine Bilder sind in diesem Sinne Erinnerungen an die Realität: Erinnerung an die Reminiszenz, als Zitat und auch als Ermahnung: Sieh doch, die Welt, die ich meine, die ich suche, ist bunt und farbig. Sie ist humorvoll und poetisch. Sieh doch, sagt Avanti mit seinen Bildern, das Déjeuner sur l’herbe ist auf den Hund gekommen, Marrakesch ist ein Traum von Farben, aber nur ein Traum, seine Katzenliebe ist unendlich romantischer, hat nichts zu tun mit dem Geheule, das uns nachts im Januar und Mai so elend auf den Geist geht. Avantis Tisch ist schön gedeckt, die Räume sind matissig-heiter. Das Leben ist voller Licht, und selbstverständlich ist jedes Schweins-Gericht ein Gedicht.

Man muss, sagt Avanti, mit Bildern allein sein, sie anschauen, bis sie uns anzuschauen beginnen. So spontan und hingeworfen Avantis Bilder manchmal wirken, man muss ihnen Zeit geben. Martin Buber, der chassidische Philosoph schrieb einmal von einem Kleinkind, das aus seinem Bettchen heraus den roten Fleck an der Wand so lange anschaut, bis sich ihm die Rotseele aufgetan hat“. „Bis sich Ihnen die Rotseele aufgetan hat: So sollen Sie Avantis Bilder eigentlich anschauen. Aber das lässt sich nun jetzt, hier und jetzt, bei diesem hocherfreulichen Aufmarsch an aufmerksamem Publikum, kaum hinreichend bewerkstelligen. Deshalb gebe ich hier gerne eine kleine Empfehlung ab: Kaufen Sie die Bilder, dann haben Sie sie ganz für sich allein, und ich bin überzeugt, dass sie bei Ihnen zu Hause, selbst wenn sie alles andere darstellen als einen Gegenstand, auf jeden Fall etwas darstellen.

Wenn Sie dann nicht ganz sicher sind, was denn dargestellt ist, dann finden Sie bei Avanti meistens noch einen kleinen Hinweis in den Bildern selbst: im Text, den er gerne als Bestandteil der Bilder zu den Bildern als Zugabe gibt: manchmal zur Erhellung, manchmal zur Erheiterung, oder zur Erläuterung und gerne auch zur Verwirrung. Der Text kommentiert das Gemalte, und schon ist das Gemalte etwas ganz anderes, als man sieht. Avanti ist ein gewitzter Maler und oft auch ein tückischer. Er mischt Wort und Welt, Bild der Welt und seine und unsere Vorstellung der Welt so geschickt zusammen, dass etwas Neues entsteht, Avantis Welt, eine Welt von Farbe und Geist, manchmal fast naiv in der Aufmachung, aber nie im Verstand. Avantis Bilder sind eine schöne neue Welt, und die geht uns manchmal ins Auge, aber immer ins Herz,

Einführende Worte an der Ausstellungseröffnung vom 29.10.2010 von Robert Roos


Einladung zur VernissageEinladung PDF

Freitag, 29. Oktober 2010 – 17:00 - 19:00 Der Künstler ist anwesend
Einführende Worte – Robert Roos – 18:00
Ausstellung vom 29. Oktober - 3. Januar 2011

Donnerstag – Freitag 13:00 - 18:30

Samstag – 10:00 -16:00